16.05.2007
Die Auszubildenden der Krankenpflegeschule der in Marsberg ansässigen Westfälischen Kliniken absolvieren den somatischen Praxisteil ihrer Ausbildung am St.-Marien-Hospital Marsberg. Die enge Zusammenarbeit besteht seit 45 Jahren.
Die Kooperation in der Krankenpflegeausbildung zwischen dem St.-Marien-Hospital Marsberg und den in Marsberg ansässigen LWL-Kliniken für Psychiatrie, sowie für Kinder und Jugendpsychiatrie blickt auf eine 45jährige Tradition zurück. Von 1962 bis heute bildete die Krankenpflegeschule der Westfälischen Kliniken 1.530 examinierte Krankenschwestern und -pfleger aus. Bis 1990 schickte das St.-Marien-Hospital insgesamt 122 eigene Auszubildende an die beiden Krankenpflegeschulen der Westfälischen Kliniken. Ein sechsmonatiges Praktikum in der Psychiatrie war Teil der Ausbildung. 1996 wurden die beiden Krankenpflegeschulen des Johannesstifts (heutige LWL-Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie) und der LWL-Klinik für Psychiatrie zusammengelegt.
Im Jahr 2004 wurde die Ausbildung per Gesetz neu geregelt. Ein Vertrag zwischen den in Trägerschaft des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe befindlichen Kliniken und dem St.-Marien-Hospital regelt nun die Verteilung der einzelnen Fachbereiche, die Inhalte und den organisatorischen Ablauf.
Die insgesamt 75 Schüler der Krankenpflegeschule verteilen sich auf drei Jahrgänge. Rund drei Viertel der Schüler absolvieren praktische somatische Ausbildung am St.-Marien-Hospital, wo die Fächer Chirurgie, Innere Medizin, Gynäkologie und Wochen- und Neugeborenen-Pflege abgedeckt werden. In den ersten beiden Ausbildungsjahren leisten die Schüler je einen Einsatz pro Fachbereich, wobei mit einem Einsatz vier bis sechs Wochen Praxis gemeint sind. Im dritten Lehrjahr kommen nochmal je ein Einsatz in der Inneren Medizin und in der Chirurgie hinzu, so dass die Schüler während der gesamten Ausbildung fünf praktische Einsätze leisten, also zwischen 20 und 30 Wochen im St.-Marien-Hospital am Patientenbett lernen und arbeiten.
Dies hört sich zunächst wenig an. Der Leitende Lehrer für Pflegeberufe an der Krankenpflegeschule der Westfälischen Kliniken, Karl-Josef Sarrazin, erklärt diese Situation mit dem hohen Theorieanteil nach Inkrafttreten der neuen Ausbildungsrichtlinien und mit der höheren Anzahl an Disziplinen. "Fächer wie Geriatrie und Neurologie sind hinzugekommen, außerdem stehen neben der kurativen auch noch die palliative; die präventive und die rehabilitative Pflege auf dem Stundenplan. Doch die jahrzehntelange Zusammenarbeit hat sich sehr bewährt."
Praxisanleiterin Marion Studen, die früher selbst Mitte der 80er Jahre an der Marsberger Krankenpflegeschule gelernt hat und seit 1995 als examinierte Praxisanleiterin die Auszubildenden begleitet, sieht die Vorteile der 2004 neu geregelten Ausbildung: "Durch die neu eingeführten Praxisaufgaben, die die Schüler unter Anleitung selber erarbeiten müssen, werden Theorie und Praxis optimal verknüpft. Beispielsweise haben meine Schüler gerade im Unterricht das Thema Medikamentenlehre durchgenommen. Als Praxisaufgabe mussten sie hier im Hause alle Medikamentenschränke unter die Lupe nehmen und Informationen zu bestimmten Medikamenten sammeln. Ich fand es wunderbar zu sehen, wie lebhaft und kreativ die jungen Menschen an diese Aufgabe herangegangen sind, der Eine recherchiert im Internet, der Andere greift zur Roten Liste, ein Dritter befragt seine Kollegen, am Ende hat ein jeder etwas zur Lösung der Aufgabe beigetragen. Es macht mir sehr viel Spaß zu sehen, wie die jungen Erwachsenen zu aktiven Gestaltern ihrer Ausbildung werden. Ich gebe meinen Schülern eines mit auf den Weg: Ihr habt ein Recht auf Ausbildung, aber einfordern müsst ihr es selbst."
Marion Studen hat 35% ihrer Dienstzeit für die Praxisanleitungen zur Verfügung. Dafür musste sie eine 200 Stunden umfassende Zusatzausbildung absolvieren und sich einer Prüfung unterziehen. Insgesamt werden die Schüler im St.-Marien-Hospital von sechs fortgebildeten Praxisanleitern begleitet, also zwei pro Fachbereich.
Schüler haben ein Recht auf Ausbildung und die Pflicht Lernsituationen einzufordern
Frau Hildegard Bartmann-Friese, Pflegedirektorin der beiden LWL-Kliniken war selber von 1981 bis 1992 Leiterin der Krankenpflegeschule. Auch sie betont wie wichtig es für die Schüler sei, Lernsituationen einzufordern. "Wir fragen diesen Punkt auch gezielt im Gespräch nach der sechsmonatigen Probezeit ab", so Bartmann-Friese.
Gerade in dieser engen Vernetzung zwischen den Einrichtungen und den verschiedenen Berufsgruppen liegt der entscheidende Vorteil der Ausbildung. Darin sind sich die Verantwortlichen einig. "Ich freue mich beispielsweise, dass die Diätassistentin und Diabetesberaterin des St.-Marien-Hospitals, Irmgard Lammers, bei uns Kurse gibt", so Bartmann Friese. "Außerdem lernen die Schüler andere Berufsgruppen besser schätzen, wenn sie die Gelegenheit hatten, während ihrer Ausbildung auch mal über den eigenen Tellerrand zu schauen".
Erfreulich ist auch, dass das St.-Marien-Hospital im vergangenen Oktober zwei Krankenpflegeschüler nach ihrer Ausbildung übernehmen konnte. Marco Meyer und Swetlana Wiens arbeiten beide auf der Station sechs der Chirurgischen Abteilung.
Marco, der wie Swetlana von 2003 bis 2006 noch nach dem alten Ausbildungssystem lernte meint: "Beim alten Modell war mehr Praxiseinblick möglich, beispielsweise war ich zehn Wochen lang auf der Intensivstation, danach kannte ich alle Abläufe. Die Qualität der Ausbildung hier im St.-Marien-Hospital ist erstklassig. Ich kann dies behaupten, da ich auch als Krankenpflegehelfer in anderen Einrichtungen im Paderborner Umland gelernt habe. Dass ich die Vollzeitstelle hier bekommen habe, ist für mich wie ein Sechser im Lotto, wo ich doch schon während meines Jahrespraktikums und als Zivildienstleistender alle Abteilungen des Hauses durchlaufen habe."
Auch Swetlana, die sich nach dem Abi zur Pflegeausbildung entschloss, freut sich über die feste Arbeitsstelle. Sie unterstreicht jedoch auch den harten Übergang von der Auszubildenden zur Krankenschwester: "Jetzt lerne ich selber andere Schüler an. Zwischen meiner Ausbildung und der ersten Woche als Krankenschwester liegen Welten."
Die Pflegedirektorin des St.-Marien-Hospitals, Ruth Wiegard, betont, dass im letzten Jahr insgesamt sogar fünf junge Gesundheits- und Krankenpfleger/innen eingestellt wurden.
"Drei Viertel unseres Pflegerpersonals kommen aus der Krankenpflegeschule der Westfälischen Kliniken. Wir profitieren von diesem psychiatrischen Ausbildungsschwerpunkt, da viele unserer Patienten aus den Westfälischen Kliniken zu uns kommen. Außerdem kennen die Schwestern und Pfleger durch die Ausbildung das Haus schon sehr gut. So ist unser Pflegepersonal optimal gerüstet", betont der Hausoberer Heinrich Lake.
Die integrierte Krankenpflegeausbildung ist ebenfalls ein Thema, welches in der Krankenpflegeschule des ehemaligen Johannesstifts (heutige LWL-Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie) vorangetrieben wird. Derzeit laufen Gespräche mit Verantwortlichen der Krankenpflegeschule des Brüderkrankenhauses St. Josef Paderborn. Dort läuft derzeit eine integrierte Pflegeausbildung als Pilotprojekt. Kranken-, Alten- und Kinderkrankenpflege werden in einem gemeinsamen Ausbildungsgang gelehrt. Der Fachbereich der Psychiatrie könnte demnächst in den LWL-Kliniken abgeleistet werden.