02.12.2014
Patientensicherheit wird in Marsberg groß geschrieben. Apothekerinnen prüfen ab sofort die Medikamentenlisten der Krankenhauspatienten, um Schäden oder Belastungen durch falsche Arzneimitteleinnahme oder -indikationen zu verhindern. Der Sicherheitscheck wurde mit Hilfe des Katholischen Krankenhausvereins realisiert. 13.000€ investierte der Verein in die verbesserte Patientenversorgung.
"Stellen Sie sich vor, jeden dritten Tag würde ein Flugzeug abstürzen. Gingen täglich 16.000 Postsendungen verloren. Würden jeden Tag zwölf Mütter mit einem fremden Baby aus dem Krankenhaus entlassen. Im gleichen Verhältnis erleiden Patienten in Deutschland täglich schwere, unerwünschte Arzneimittelwirkungen.", erläutert Dr. Ralf Beyer den Grund für den neuen Arzneimittelcheck im St.-Marien-Hospital Marsberg. Um die Sicherheit für die Patienten in Marsberg weiter zu verbessern, prüft eine Fachapothekerin nun alle von einem Patienten eingenommenen Medikamente und Nahrungsergänzungsmittel. Neben- und Wechselwirkungen, Kontraindikationen oder auch Nierenbelastungen durch Fehleinnahme sollen so verhindert werden.
"Den Überblick über die Medikation zu behalten, ist oft schwierig. Nicht verwunderlich wenn man bedenkt, dass statistisch gesehen jeder dritte Mensch über 60 fünf und mehr Arzneimittel einnimmt. Hinzu kommen meist noch Ergänzungspräparate." Die Einnahmegewohnheiten führten laut Beyer zu einem Risiko, das zwar verständlich, aber auch einfach zu beheben sei. "Schnell kommt da ein Cocktail zusammen, den nur noch ein Experte auf seine Wirkkraft überprüfen kann."Diese Experten stehen dem St.-Marien-Hospital durch das paderlog - Zentrum für Krankenhauslogistik und Klinische Pharmazie zur Verfügung. Beide Einrichtungen der BBT-Gruppe sind elektronisch vernetzt, sodass die Arzneimittelanamnese schon bei der Aufnahme im Krankenhaus digital an die Apothekerinnen übersendet wird. Spätestens 24 Stunden später erhalten die Ärzte und Pflegekräfte in Marsberg das Ergebnis der pharmakologischen Analyse. Problematische Medikamente werden benannt, die Auswirkungen detailliert erläutert und alternative Therapien vorgeschlagen. Mindestens einmal in der Woche sind die Apothekerinnen persönlich vor Ort und besprechen allgemeine pharmazeutische Fragestellungen und komplizierte Einzelfälle.
"Die meisten Schwierigkeiten bereiten Schmerz- und Blutdruckmittel, Mineralstoffpräparate und Antidepressiva. Bei vielen Betroffenen sind auch Präparate der Selbstmedikation beteiligt.", weiß Dr. Jörg Ising aus seiner täglichen Arbeit. Als Hausarzt und Vorsitzender des katholischen Ärztevereins hat er sich für eine Förderung des Arzneimittelchecks im St.-Marien-Hospital ausgesprochen. "Dass es pflanzliche Arzneimittel, Phytopharmaka, nicht nur ohne Rezept in der Apotheke, sondern häufig sogar in Drogerien und Supermärkten ohne Beratung zu kaufen gibt, verleitet Patienten zu der Annahme, die Mittel seien harmlos. In manchen Kräutern stecken allerdings Wirkstoffe, die vor allem für chronisch Kranke gefährlich werden können." Denn auch pflanzliche Arzneimittel können zum einen in zu hohen Dosen unerwünschte Nebenwirkungen oder zum anderen Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten verursachen.
Damit das Ergebnis der Prüfungen durch die Apothekerinnen möglichst nachhaltigen Nutzen für die Patienten und ihre Gesundheit hat, sprechen sich Beyer und Ising für eine breite Informationsbasis aus. "Besonders wichtig für die Patienten ist, dass wir uns nicht nur die Zeit nehmen, die Medikamente zu prüfen, sondern auch für den Austausch über die Ergebnisse. Die Empfehlungen und Medikationsanpassungen der Fachapotheker besprechen wir mit Patienten, Haus- und Fachärzte und informieren auch die Angehörigen."